Fahrrad-Wiki
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Unter dem Begriff Bahnradsport fasst man sämtliche Radrennsport-Disziplinen zusammen, die auf Radrennbahnen auf Bahnrädern durchgeführt werden. Andere Kategorien (werden fälschlich auch als Disziplinen bezeichnet) sind (unvollständige Auflistung):

Radrennen, bei denen die Zielankunft oder der Start auf einer Radrennbahn stattfindet (z. B. Paris-Roubaix) sind keine Bahnrennen und gehören zum Straßenradrennsport.

Grundsätzliches[]

Bei Bahnrennen sind ausschließlich Bahnräder zugelassen. Da diese keine Bremsen besitzen und keinen Freilauf (Starrer Gang), ist es nicht möglich, Straßenräder bei solchen Wettbewerben zuzulassen. Dies gilt auch für das Training auf der Bahn.

Das Fahren ohne Bremsen und mit starrem Gang erfordert einige Übung. Da aber alle Fahrer diese Beschränkung erfahren, funktioniert es in der Praxis sehr gut. Stürze sind im wesentlichen genauso häufig wie auf der Straße und haben ihre Ursachen in der Regel nicht in diesen beiden Punkten. Im Gegenteil: Durch das Fehlen der Bremsen sind Kettenreaktionen, bei denen die Fahrer nacheinander aufeinander auffahren, weil ein Fahrer unnötigerweise gebremst hat, ausgeschlossen.

Disziplinen[]

Man unterscheidet zwischen Kurzzeit- und Ausdauerdisziplinen. Die Unterscheidung ist nicht daran orientiert, ob tatsächlich (in den Kurzzeitdisziplinen) überhaupt keine überdurchschnittliche Ausdauer erforderlich ist bzw. keinerlei Sprinterfähigkeiten (in den Ausdauerdisziplinen – im Punktefahren ist die sogar sehr nützlich), sondern macht eine klare Trennung bei einer bestimmten Distanz – die 1000 bzw. 2000 Meter beim Tandemrennen und Keirin.

Kurzzeitdisziplinen[]

Sprint (auch Fliegerrennen, früher „Malfahren“)[]

Siehe Hauptartikel Fliegerrennen

Es fahren jeweils zwei bis vier Fahrer gegeneinander über eine Distanz von zwei oder mehr Runden (je nach Bahnlänge, das genaue Schema ist in den Wettfahrbestimmungen enthalten), in der Regel werden drei Runden gefahren, weil die meisten Bahnen eine Länge von 250 bis 333 Meter haben. Sieger ist, wer als erster die Ziellinie überquert, wobei die Zeit unerheblich ist. Es wird lediglich zum Zweck der Zusammensetzung der Turnierpaarungen (s. u.) die Zeit für die letzten 200 Meter gemessen. Dies führt dazu, dass die Kontrahenten in der Regel während der ersten beiden Runden extrem langsam fahren und sich nur belauern, teilweise sogar Stehversuche machen. Entscheidend ist dann der häufig explosive Antritt und die Endschnelligkeit (bis über 75 km/h). Die Wettkämpfe werden in Turnierform ausgetragen. Die Fahrer müssen sich in einer Kombination aus mehreren K.-o.-Runden und Hoffnungsläufen durchsetzen. Im Finale wird dann der Gesamtsieger bzw. die Gesamtsiegerin ermittelt.

Ab dem Halbfinale werden jeweils zwei Läufe, bei Gleichstand nach diesen beiden Läufen zusätzlich ein Entscheidungslauf zur Ermittlung des Siegers ausgetragen.

Tandem[]

Beim Tandemrennen handelt es sich prinzipiell um die Disziplin Sprint, wobei diese jedoch von zwei Fahrern auf einem zweisitzigen Tandem ausgetragen wird. Der Vordermann ist der Steuermann, während der hinten sitzende Fahrer so gut wie keine Sicht nach vorne hat und sich voll auf seinen Partner verlassen muss. Auf einem Tandem werden sehr hohe Geschwindigkeiten (bis zu 80 km/h) erreicht.

Keirin[]

Siehe Hauptartikel Keirin

Das Keirinrennen ist eine aus Japan stammende Variante des Sprints. Es fahren bis zu neun Fahrer in einem Lauf gegeneinander. Die ersten etwa 1300 Meter werden hinter einem Schrittmacher zurückgelegt. Besonders geeignet für diesen Wettbewerb sind Fahrer, die neben eine hohen Grundschnelligkeit über eine hohe Schnelligkeitsausdauer verfügen und somit einen langgezogenen Sprint für sich entscheiden können.

Je nach Teilnehmerzahl wird auch Keirin in mehreren Runden ausgetragen. Eine vorher festgelegte Anzahl an Teilnehmern erreicht dann jeweils die nächste Runde.

Team-Sprint (früher: Olympischer Sprint)[]

Das Rennen wird von drei (Frauen: zwei) Fahrer/inne/n bestritten, wobei der jeweils führende nach einer Runde ausscheidet. Der Start erfolgt aus dem Stand und, wie beim Verfolgungsrennen, auf den gegenüberliegenden Geraden der Bahn. Auf Grund der Kürze der von dem Anfahrer (Fahrer, der als Erster die Führung übernimmt) zurückzulegenden Strecke, fährt er über die gesamte Distanz so schnell er kann, eine "Einteilung der Reserven" macht hier keinen Sinn. Seit einiger Zeit gibt es diesen Wettbewerb auch für Frauen, allerdings mit zwei Fahrerinnen.

1000-Meter-(Frauen: 500-m-)Zeitfahren[]

Das 1000-Meter-Zeitfahren wird mit stehendem Start gefahren, das heißt der Fahrer bzw. die Fahrerin muss zunächst auf annähernd Maximalgeschwindigkeit beschleunigen (ca. 200 Meter) und diese dann noch über 800 Meter bzw. über 300 Meter halten. Bei dieser Disziplin werden im männlichen Bereich Durchschnittsleistungen von über 1100 Watt erzielt, was nur durch den vollständigen Einsatz der unterschiedlichen Energiereserven (Muskelglykogen, Kreatinphosphat, aerober und anaerober Stoffwechsel) möglich ist. Im Ziel ist der Sportler vollständig erschöpft und seine Muskulatur stark übersäuert.

Im Gegensatz zur Einer-Verfolgung (s. u.) startet immer nur ein Fahrer.

Ausdauerdisziplinen[]

Einer-Verfolgung (Männer: 4000 m; Frauen: 3000 m)[]

Es fahren immer zwei Sportler gegeneinander. Gestartet wird jeweils von den gegenüberliegenden Geraden der Bahn. Sieger ist, wer seinen Gegner bzw. seine Gegnerin einholt oder, falls das bis zum Ende der Distanz nicht möglich war, wer die schnellste Zeit erzielt. Auch hier wird der Gesamtsieger oder die Gesamtsiegerin über mehrere K.-o.-Runden letztlich im Finale ermittelt.

4000-Meter-Mannschaftsverfolgung (Frauen 3000 m)[]

Der Modus ist der gleiche wie bei der Einer-Verfolgung. Hier treten jedoch zwei Mannschaften zu je vier Fahrern (bei den Frauen 3 Fahrerinnen) gegeneinander an. Die Zeitmessung erfolgt bei Zieldurchgang des dritten Fahrers einer Mannschaft, daher kann unter Umständen ein Fahrer pro Mannschaft im Laufe des Rennens ausscheiden (z. B. wegen Erschöpfung) ohne die Siegeschancen der Mannschaft zu gefährden. Die Mannschaftsverfolgung gilt als Königsdisziplin des Bahnradsports, weil neben der Leistungsfähigkeit jedes einzelnen Mannschaftsmitglieds die perfekte Abstimmung aufeinander von entscheidender Bedeutung ist. Bis die Führungswechsel und das Hinterradfahren auf minimalem Abstand optimal durchgeführt werden ist ein erheblicher Trainingsaufwand erforderlich. Im Gegensatz zu Rennen mit Massenstart, bei denen die Fahrer mit einem Abstand von 30 Zentimetern bis zu über einem Meter am Hinterrad des Vorausfahrenden fahren, beträgt der ideale Abstand zwischen den Fahrern eines solchen „Viererzuges“ 15–20 Zentimeter. Beim Führungswechsel macht man sich die Bahnüberhöhung geschickt zunutze: Der Führende schert in der Kurve nach rechts aus und verliert wegen der Überhöhung sehr schnell an Geschwindigkeit, die er aber fast vollständig aus der dann höheren Lageenergie wieder zurückgewinnt, indem er sofort wieder nach unten schwenkt und sich am Ende anschließt.

Scratch[]

Scratch ist eine Disziplin, bei der eine größere Anzahl von Fahrern bzw. Fahrerinnen gemeinsam über eine Distanz von beispielsweise 40 Runden starten. Sieger ist ganz einfach, wer als erster die Distanz beendet. Diese Rennen sind häufig stark von der Taktik geprägt. Hierbei ist oft von entscheidender Bedeutung, sich einen Rundenvorsprung zu erkämpfen. Früher hieß diese Disziplin „Malfahren“ („Mal“ = Zielstrich)

Punktefahren (Männer: 10–40 km; Frauen: 5–24 km)[]

Beim Punktefahren erfolgt nach einem Massenstart in vorher festgelegten Intervallen (z. B. alle 10 Runden) eine Punktevergabe (5, 3, 2, 1 Punkte). Die Wertung erfolgt an der Ziellinie, in der Regel wird um die Punkte im Sprint gekämpft. Bis zur Regeländerung für internationale Meisterschaften galt: Rundengewinn zählt vor Punktgewinn, (d. h. ein Fahrer kann durchaus sehr viel mehr Punkte haben als sein Konkurrent – wenn dieser eine Runde herausgefahren hat, wird er trotzdem vor ihm klassiert). Seit der Regeländerung gilt bei Olympischen Spielen und Meisterschaften ein anderer Modus: Statt des Rundengewinns erhält der Fahrer je Rundengewinn eine Gutschrift von 20 Punkten. Sieger oder Siegerin ist dann, wer am Ende die meisten Punkte errungen hat.

Zweier-Mannschaftsfahren (auch Madison bzw. Américaine, z. Z. nur Männer)[]

Siehe Hauptartikel Madison

Dies ist die Disziplin, in der die bekannten Sechstagerennen ausgetragen werden. Das Zweier-Mannschaftsfahren wird aber auch bei offiziellen Meisterschaften und bei Olympischen Spielen ausgetragen, dann natürlich über geringere Distanz (normalerweise 60 Kilometer). Zwei Fahrer bilden eine Mannschaft (bei Sechstagerennen, bspw. Stuttgart, früher Zürich, Rotterdam wird bzw. wurde auch in Dreier-Mannschaften gefahren). Grundsätzlich kann die Ablösung nach beliebiger Distanz erfolgen. Da jedoch üblicherweise beide Fahrer auf der Bahn bleiben, überrundet ständig der eine Fahrer den anderen und die Ablösung erfolgt aufgrund des Verhältnisses der Geschwindigkeiten – etwa 35:50 – etwa alle zwei bis zweieinhalb Runden. In vorher festgelegten Intervallen werden Punktewertungen ausgefahren (5, 3, 2, 1 Punkte). Sieger ist die Mannschaft mit den meisten Punkten, wobei wie früher beim Punktefahren gilt: Rundengewinn geht vor Punktgewinn, das heißt die Mannschaft mit den wenigsten Verlustrunden gewinnt, liegen mehrere Mannschaften in einer Runde, gewinnt die Mannschaft, die von diesen die meisten Punkte erzielt hat (davon abweichender Punktevergabemodus beim Punktefahren s. o.).

Eine besondere technische Schwierigkeit stellt beim Zweier-Mannschaftsfahren die Ablösung dar. Da der im Rennen befindliche Fahrer sich gewöhnlich dem ablösenden Fahrer mit sehr viel höherer Geschwindigkeit nähert, ist es effizienter, ihm den „Schwung“ in irgendeiner Form mitzugeben, als die Energie wie beim Ablösen „auf Sicht“ verpuffen zu lassen. Heute geschieht dies durch den sogenannten Schleudergriff, bei dem der vordere Fahrer sich an der ausgestreckten Hand des von hinten kommenden Fahrers „abzieht“.

Steherrennen[]

Bundesarchiv Bild 183-05597-0002, G. Barandat, M

Steherrennen 1958 auf der Radrennbahn in Berlin-Weißensee

Steherrennen sind Bahnrennen, bei denen der Radsportler hinter einem schweren Motorrad im Windschatten fährt. Der Fahrer des Motorrades, hier Schrittmacher genannt, steht auf den Fußrasten der Maschine. Dabei werden Geschwindigkeiten von teilweise über 100 km/h erzielt und auch über längere Abschnitte gehalten. Steherrennen gehen über Distanzen bis zu 100 Kilometern. Sie ziehen immer noch eine bedeutende Zahl von Zuschauern an. Zwar ist die Zuschauerresonanz nicht mehr so groß wie vor zwanzig oder dreißig Jahren, dennoch faszinieren sie immer noch viele Menschen.

Die Radfahrer sind in keiner Weise mit dem Schrittmacher verbunden. Ihre Fortbewegung erfolgt ausschließlich durch ihre Beinarbeit. Dadurch gehören Steherrennen zu einer der schwersten Leistungssportarten. Der Fahrer versucht dabei, möglichst nahe an der Rolle des vor ihm fahrenden Schrittmacher-Motorrades zu bleiben, um möglichst viel Windschatten zu erhalten. Verliert er den engen Kontakt zum Schrittmacher, so kommt der Fahrer „von der Rolle“.

Herkunft und Entwicklung: Der Begriff 'Steher' leitet sich vom englischen 'stayer' ab, das heißt jemand mit Ausdauer ('to stay' – anhalten, bleiben). Die früher übliche deutsche Entsprechung 'Dauerrennen' weist auf denselben Umstand hin. In der Frühzeit dieser Sportart, als die Kraftradtechnik noch nicht so ausgereift war, fuhren statt der Motorräder übrigens auch Fahrräder als Schrittmacher, und zwar spezielle Vierer- oder Sechserräder mit entsprechend viel Besatzung. Dabei ging es zunächst weniger um Rennen gegeneinander als um Rekorde: Geschwindigkeiten, Zeit pro Strecke und Strecke pro Zeit – oft über sehr lange Distanzen (100 Kilometer unterste Grenze) und Zeiten (24 Stunden und mehr), so dass 'to stay' bzw. 'Dauerfahren' tatsächlich wörtlich genommen werden konnte.

Vor mehreren Jahren wurde die Trennung zwischen Profi- und Amateurstehern abgeschafft. Durch die neu geschaffene Elite-Klasse kam es zur Vermengung von Profis und Amateuren. Daher müssen die Amateure auf höchstem Profiniveau fahren, um international bestehen zu können.

Seit 1995 finden keine Steher-Weltmeisterschaften mehr statt. Die UCI begründete die damalige Entscheidung damit, dass es zu wenige Steher-Nationen für eine Weltmeisterschaft gäbe. Tatsächlich waren die Steherrennen meist eine Sache zwischen wenigen westeuropäischen Nationen. Der letzte Weltmeister war der Berliner Carsten Podlesch, welcher seitdem das Weltmeister-Trikot tragen darf.

Motorrad-Steher01

Zweizylinder-Motorrad für Steherrennen (Besonderheiten dieser Maschine: Flachriemenantrieb. Ohne Getriebe und Auspuffanlage.)

Die Motorräder für Steherrennen sind meistens von älterem Baujahr. Die Maschinen weisen etliche besondere Eigenschaften aus: Sie haben einen großvolumigen, meist einzylindrigen, niedertourigen Motor mit einem in der Halle tendenziell eher erträglichen, tiefen Klangbild. Die Drehmoment-Charakteristik des Motors erlaubt schnelles Beschleunigen aus niedrigen Drehzahlen. Die Lenker sind als Stangen weit nach hinten verlängert, um dem Schrittmacher beim Windschattengeben ein relativ bequemes Motorradfahren zu ermöglichen. Am Heck der Maschine ist eine breite kugelgelagerte Rolle als Abstandshalter angebracht. Der Radrennfahrer sollte den Radkontakt mit der Rolle – auch den kurzzeitigen Kontakt – unbedingt meiden, da es wegen der doppelten Bremswirkung dabei leicht zu Stürzen kommen kann.

Stundenweltrekord[]

Die Rekordversuche für den Stundenweltrekord werden ebenfalls auf der Bahn durchgeführt. Es handelt sich um den Versuch, eine möglichst große Strecke alleine innerhalb von einer Stunde ohne Windschattengeber zu fahren. Nachdem viel mit aerodynamischen Rädern und Sitzpositionen experimentiert wurde, hat die UCI die Rekorde seit Eddy Merckx annulliert und ein Rad vorgeschrieben, das weitestgehend identisch mit dem damals verwendeten ist.

Weblinks[]

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